Gerhard Fobe: Web & Development

Apell dafür, sich mit dem Internet auseinanderzusetzen

Da in letzter Zeit immer mehr „Datenschutzskandale“ passieren und glücklicherweise das Thema immer mehr Menschen (gerade auch meines Freundeskreises) beschäftigt, habe ich beschlossen folgenden Appell zu veröffentlichen, nachdem mich ein Link zum Thema „Facebook vergisst nichts“ erreichte.

Schöner Bericht, aber das ist leider auch nur die Spitze des Eisberges. Ihr müsst das globaler sehen. Auch immer mehr in Onlineshops oder auf sonstigen Seiten wird nur ein delete-flag gesetzt. AGB und Datenschutzbestimmungen werden auch immer komplizierter. Nun mal ehrlich, die Masse von euch schert sich bisher nicht drum, ahnt vielleicht auch nicht um die Ausmaße. Wenn ihr was kostenlos haben wollt, seid ihr die Ware, d.h. hintenherum müssen Statistiken gemacht und weiterverkauft oder Daten zusammengesetzt werden. Jeder eurer Klicks kostet den Seiten-/Dienstbetreiber Geld.

Es gibt schon bessere Lösungen oder Konzepte, aber viel geht erst richtig gut, wenn es die Masse annimmt. Dezentrale Sozialen Netzwerke wie bspw. Diaspora wollen, dass die Daten da gespeichert werden können, wo ihr das wollt. Mit bspw. OTR können Chats via Jabber/ICQ oder sonstwas vor Mitlauschern abgesichert werden. Mit PGP oder S/MIME können E-Mails vor fremden Blicken abgesichert werden. Das meiste ist gerade für privaten Gebrauch kostenlos. Die Liste könnte fortgesetzt werden.

Es jammern viele, aber auch fast keiner will das Zeug nutzen. Und weil es die Freunde nicht nutzen, nutzt man es auch nicht. Die Masse von euch ist bei ICQ und tritt bereitwillig die Rechte von ALLEM darin geschriebenen/übertragenen an die ab. Ließe sich mit OTR und vielen Clients verhindern. Okay, momentan ist es wieder bissl buggy, aber warum? Weil es kaum einer nutzen will! Es setzt sich kaum jemand hin und programmiert etwas kompliziertes, wenn er weiß, dass es fast keiner will.

Auch neuartige Techologien wie ein Account für alle Seiten, dezentrale Datenhaltung physisch bei euch oder andere feine Sachen, auf die ich hier nicht eingehen möchte, um nicht zu technisch zu werden, brauche eure Nutzungskompetenz und Lernbereitschaft sowie Aufmerksamkeit für die Entwicklung. Es macht keinen Sinn alles technisch aufwändig abzusichern, wenn Leute Nutzeraccounts und Passwörter teilen oder auf Zettel in der Nähe des PCs schreiben (habe ich heute erst von der Jugend im Bus gehört!). Danach ist das Geschrei wieder groß.

WIR ALLE müssen fordern und sagen, was mit den Daten geschehen soll (sowohl den Firmen, als auch der Politik). WIR ALLE müssen aufmucken, wenn uns etwas nicht gefällt (sowohl bei Firmen, als auch bei Politik). WIR ALLE müssen ZUSAMMEN die Richtlinien gestalten, nachdem sich alles weiterentwickeln soll.

Gerade durch die Entstehung des Internets haben wir einen enormen gesellschaftlichen Wandel zu verzeichnen, der erst in den Kinderschuhen ist. Ich habe eine Ahnung wo das alles hinführen kann, viele Probleme warten auf uns (die meisten und schwierigsten sind meiner Meinung nach nicht technischer, sondern gesellschaftlicher Natur). Vieles gefällt mir, anderes bereitet mir große Sorge. Die Daten, die wir heute oft ziemlich frei in irgendwelchen Portalen ansammeln, können aber auch vielleicht in 50 Jahren eine wahre Goldgruben für Historiker sein. Diese überall versteckten unbewussten Nebeneffekte müssen wir mit zu Bedenken versuchen.

JEDER Teilnehmer MUSS seinen Teil dazu beitragen, dass es sich in die richtige Richtung entwickelt, wo auch immer die sein mag. Nicht nur die Webentwickler, Seitenbetreiber und Hardwareproduzenten, die an einem delete-flag mehr verdienen, als wenn alles richtig gelöscht wird. Für gute, gerade gesellschaftliche, Konzepte braucht man auch kein ITler sein. Die besten Inspirationen kamen mir bei Gesprächen mit Nicht-ITlern. Gerade in neuen Refinanzierungsmöglichkeiten von kostenlosen Webseiten sehe ich noch enormes Potential. Oder es findet endlich einmal jemand etwas, um der weiter wachsenden Informationsüberflutung Herr zu werden, unter der viele schon heute leiden. Und bitte lasst uns stetig die das richtige Setzen von Berechtigungen üben, damit das einmal global annehmbar ist.

Also Leute, nicht immer nur jammern und erschrocken oder bestürzt tun, sondern einfach mal mithelfen! Fordert die Sachen und macht euch Gedanken, was ihr im Gegenzug tun wollt. Werbung bspw. muss nicht nur schlecht sein, wenn mal richtig gemacht wird. Die guten Webentwickler freuen sich darauf die Brötchen für sich und die Familie mit spannenden, neuartigen und manchmal komplizierten Sachen zu verdienen. Von der Masse der Komplexität bekommt der Nutzer ja glücklicherweise nichts mit. Seitenbetreiber etc. werden sich anpassen um weiter (mit euch) Geld zu verdienen. Helft ihnen bitte dabei, indem ihr überlegt, welche Daten ihr denen problemlos freigeben oder machen könnt, damit diese dann bspw. mit Statistiken oder Weiterverwendung Geld machen können. Oder ihr zahlt, wenn ihr etwas wollt – jedem seine persönliche Wahl.

Das Internet ist – gerade durch die teilweise oder subjektiv wahrgenommene Anonymität – ein sehr gutes Abbild der Gesellschaft. Das heutige Web 2.0 ist voll mit User Generated Content und das ist gut so. Viele große Seiten wären ohne uns alle einfach nur eine leere Hülle ohne Attraktivität, sie sind also von uns allen abhängig.

Ich weiß, es ist für viele schwer, aber bitte denkt darüber nach, wie ihr zukünftig mit dem Internet und den neuen Strömungen umgehen wollt. Und zwar alle, auch die, die sich nicht mit der Technik auskennen oder Internet nicht nutzen wollen. Es steckt in unserem aller Alltag und deshalb sind wir einfach schon zu weit, als das jemand sagen könnte „geht mich nichts an“.

Danke.

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